Ich hoffe ich darf mir die Frage erlauben und werde natürlich Ihrem Chef nichts verraten!
Sie arbeiten also im Team, aha.
Und da kollaboriert man ja gewissermaßen automatisch...
Stimmt das?
Der Unterschied zwischen Kooperation und Kollaboration
Im Deutschen, besonders in der Alltagssprache, werden die Begriffe „Kooperation“ und Kollaboration“ oft synonym verwendet. Dabei ist, genau genommen, Kollaboration eine besondere Art der Kooperation. Die Arbeit an einem gemeinsamen Projekt oder in einem Team führt (sorry) nicht zwangsläufig zu einer Kollaboration.
Einer Kooperation liegt in der Regel ein geregelter Prozess der Zusammenarbeit zugrunde, welcher der Erreichung eines Ziels dient. Dabei gibt es eine klare Aufgabenteilung. Teilaufgaben werden in Form von Arbeitspaketen bearbeitet, Teilleistungen additiv zusammengefügt. So ergibt sich ein hoher Anteil individueller Arbeitsphasen. Relevantes Wissen wird innerhalb des Teams geteilt. Kommunikation erfolgt punktuell, dann, wenn der Arbeitsprozess es erfordert.
Kollaboration ist hingegen gekennzeichnet durch einen ergebnisoffenen Prozess zur Bearbeitung einer gemeinsam definierten Problemstellung. Der Grad der Arbeitsteilung ist gering, der Arbeitsprozess eher synchron, mit einem geringen Anteil individueller Arbeitsphasen. Zwischen den beteiligten Gruppenmitgliedern herrscht ein hohes Maß an stetiger Kommunikation, interaktivem Austausch und damit auch wechselseitiger Einflussnahme.
Dieses Vorgehen führt zu einer gemeinsamen Wissensgenerierung (Co-Konstruktion von Wissen) und vernetztem Lernen.
Beispiele für Kooperation und Kollaboration
Kooperation ist nach wie vor bei einer Vielzahl von Prozessen erforderlich, von der Einführung einer Software bis hin zu medizinischen Eingriffen.
Ein plakatives Beispiel für Kollaboration ist das sogenannte Mob Programming. Dabei teilen sich mehrere Software-Entwickler einen Computer. Einer tippt, eine behält den Überblick, alle denken mit, steuern Ideen bei, decken Fehler auf. Die Rollen wechseln regelmäßig und häufig.
Interaktion ist das wesentliche, unterscheidende Element von Kollaboration. Interaktion führt zu Wissensgenerierung und vernetztem Lernen.
In der Praxis greifen die beiden Arbeitsformen Kooperation und Kollaboration oft fließend ineinander.
Schließlich ist Kollaboration eine besondere Form der Kooperation. Wen wundert es da, wenn es in einem Projekt mit klarer Aufgabenteilung zu kollaborativen Arbeitsphasen kommt, in denen Experten angesichts einer herausfordernden Problemstellung selbstgesteuert in einen Austausch gehen, dessen Folge die Co-Konstruktion von Wissen ist? Vorausgesetzt natürlich, die Strukturen lassen dies zu.
Wann Kollaboration erstrebenswert ist
Auf welche Arbeitsform die Wahl fällt – vorausgesetzt, dies ist ein bewusster Prozess – hängt vor allem von der Art der zu bearbeitenden Aufgabe ab.
Zu einer Kooperation kommt es, wenn Einzelne die Aufgabe(n) nicht allein bewältigen können. Dies kann auf die Größe der Aufgabe zurückzuführen sein, auf notwendiges (Spezial)wissen oder auf Zeitdruck.
Auch zu einer Kollaboration kommt es, wenn ein Ziel angestrebt wird, das von Einzelnen nicht erreicht werden kann. Das ursächliche Problem ist eventuell noch unklar, ebenso ist unklar, wie man es lösen kann. Hier sind im Regelfall komplexe Anforderungen, die Notwendigkeit Kreativität zu entfachen, ebenso wie die Notwendigkeit, neues Wissen zu entwickeln, ausschlaggebend für die Wahl der Arbeitsform.
Damit erfordert Kollaboration meist auch ein höheres Maß an Kommunikation, eine Auseinandersetzung mit anderen Personen und Persönlichkeiten sowie einen Verzicht auf Teile der eigenen Autonomie.
Abschlussreflexion und Fazit
Wo stehen Sie mit Ihrem Team?
Fakt ist, dass wir es nicht mit einer Qualität ausdrückenden Skala von „hier wird noch kooperiert“ (wie schade) zu „hier wird schon ständig kollaboriert“ (Applaus Applaus) zu tun haben.
Vielmehr entscheidet die Kernaufgabe Ihres Teams darüber, welches Maß an Kooperation und Kollaboration für seinen Erfolg passend ist.
P.S.: Ein beeindruckendes Beispiel für ein Produkt einer Kooperation vor Jahrzehnten finden Sie auf dem Beitragsbild. Es zeigt Teile der Detroit Industry Fresken von Diego Rivera.
Alles in allem eine sehr komplexe Aufgabe, die von einer einzelnen Person nicht in angemessener Zeit bewältigt werden kann (fresco bedeutet schließlich "frisch"), aber in Zusammenarbeit machbar ist. Dennoch ist Diego derjenige, der die Lorbeeren erntet.
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