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  • corinnaluetsch

Vorsicht Groupthink!

Aktualisiert: 29. Mai 2023


Ein gutes Team ist mehr als die Summe seiner Teile.


Was aber, wenn dem nicht so ist? Ich kenne Teams, die sehr wertschätzend miteinander umgehen, nie wird ein Geburtstag vergessen, alle fühlen sich wohl miteinander. „Wir sind ein tolles Team!“ sagen die Teammitglieder, „wir kümmern uns umeinander“ und „wir lassen nichts auf unser Team kommen“.

Die Leiterin eines solchen tollen Teams kam kürzlich auf mich zu und erklärte mir, sie sei ja eigentlich sehr froh, dass ihr Team einen derart starken Zusammenhalt entwickelt habe. Es gebe kaum mehr raumgreifende Diskussionen. Und oftmals werde sie an Stellen gar nicht mehr gefragt, an denen dies in der Vergangenheit noch notwendig war. Dies beklagte sie nicht, denn sie fühlte sich durchaus entlastet.


Vorsicht bei zu viel Harmonie im Team


Hätte das Team nicht in den letzten Monaten mehrere Entscheidungen getroffen, die sich als problematisch erwiesen, gebe es keinen Grund zum Klagen. Natürlich kommen Fehler vor, aber inzwischen habe sie das Gefühl, dass sie doch wieder mehr eingreifen müsse, meinte die Teamleiterin. Gleichzeitig befürchte sie, dass ihr Team dies als Vertrauensentzug deuten könne.

Als ich sie nach der Streitkultur ihres Teams fragte, entgegnete sie, inzwischen würde in ihrem Team eigentlich gar nicht mehr gestritten. Alle Teammitglieder hätten sich gut auf einander eingestellt und würden nun sehr harmonisch zusammenarbeiten.


Spätestens bei der Betonung auf „sehr harmonisch“ klingeln bei mir Alarmglocken. Oft sind diese und ähnliche Formulierungen Ausdruck eines Phänomens namens Groupthink, auch bekannt als Gruppendenken.


Was ist Groupthink?


Von Groupthink oder Gruppendenken spricht man, wenn Teammitglieder ihre Meinung um der Harmonie im Team Willen zurückhalten. Dies kann bspw. der Fall sein, wenn die eigene Sichtweise von der überwiegenden Gruppenmeinung abweicht. Anfällig für Groupthink sind vor allem Teams mit einem starken Wir-Gefühl sowie kleine Teams, in denen sich niemand ausschließen möchte.


Kommt dann noch Zeitdruck hinzu, ist die Gefahr groß, dass wertvolle Einzelmeinungen nicht geäußert werden, um vermeintlich Zeit zu sparen und zugleich die Harmonie zu wahren. Auf diese Weise gehen bereichernde Beiträge verloren. Die Synergie, die ein wesentlicher Bestandteil von Teamerfolgen ist, kommt abhanden. Greift man auf die Metapher der „Summe seiner Teile“ zurück, ist das Resultat dann im schlimmsten Fall geringer als die Summe der Teile.


Was ist ein gutes Team?


Das Vertrauen, auch abweichende oder unpopuläre Einzelmeinungen einbringen zu können, ist ein wesentliches Kriterium für die Güte eines Teams. Ein gutes Team zeichnet sich keinesfalls durch Harmonie aus, sondern durch die Fähigkeit, unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungen zu betrachten, auszuwerten und zu integrieren.


Wie kann man Groupthink entgegenwirken?


Für das Phänomen sensibilisieren

Ein wesentlicher Weg, Groupthink entgegenzuwirken, besteht darin, dem Team das Phänomen zu erklären. Wichtig ist dabei aufzuzeigen, dass in Folge von Groupthink auch ein gutes Team unter seinen Möglichkeiten bleiben kann.


Methodische Maßnahmen nutzen

Zu Beginn eines Entscheidungsprozesses legen alle Teammitglieder ihre Sicht der Dinge dar, so dass abweichende Sichtweisen deutlich werden und in die Lösungsfindung einbezogen werden. Dies geschieht besonders effektiv über eine Kartenabfrage.


Einem Teammitglied wird die Rolle des Bedenkenträgers / Advocatus Diaboli zugewiesen. Seine/ihre Rolle besteht darin, den Gruppenkonsens kritisch zu hinterfragen.


Fazit: Ein gutes Team zeichnet sich durch ein vielfältiges Meinungsbild aus und hat die Fähigkeit, unterschiedliche Sichtweisen für Entscheidungen zusammenzuführen.

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